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Gespeichert von Skynex am 20. März 2008 - 9:14
(letzte Aktualisierung: 2. Dezember 2015 - 18:21)

Vorwort:
Grüß Euch,
ich habe einen Schnellschuß gewagt und versuche mich an einem anderen Erzählstil. Ich hätte gerne einige Kritiken zur Art, weniger zum Inhalt ;)

Chroniken des Professors, Kapitel I - Roman und Julia

Der folgende Text ist reine Fiktion und hat keinen Zusammenhang mit Talon Cons oder Kampagnen, zufällige Übereinstimmungen mit Orten und Personen sind gewollt, es sind Tiere während des Schreibens dieser Geschichte zu Schaden gekommen.
Alle Ansichten entsprechen rein der Vorstellung des Autors und sind nicht zwingend Ansichten von Larpern, Rollenspielern oder Talon (besonders was Magie angeht).

Kommentare

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Dritter Monat des Jahres 8 p.A., Tag 14

Liebes Tagebuch.
Auch wenn du dich erst seit kurzem in meinem Besitz befindest, so versichere ich dir, in dir werden Dinge beschrieben und gezeichnet werden, wie sie kein zivilisierter Mensch der Mittellande je zu Gesicht bekam. Von nun an gehörst du mir, Professor Donovan van Leonhardt. Ich werde deine noch leeren Seiten füllen mit Wissen über die hier in Talon lebenden und unbekannten Tiere und Pflanzen. Mögest du mir treue Dienste leisten, so wie dein Vorgänger, der sich mittlerweile auf der Burg Stonecastle in den Händen der hiesigen Verwaltung befindet. Ich bin mir sicher, dass die geistige Elite dieses Landes meine neu entdeckte Käfergattung mehr zu würdigen weiß, als die Soldaten, die meine Forschungen rund um die Hauptstadt New Hope begleiteten.

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Dritter Monat des Jahres 8 p.A., Tag 17

Es ist soweit, ich habe ein Schreiben der Schreibstube, so nennt sich die hiesige Verwaltung, erhalten. Mir ist diese Bezeichnung nie aufgefallen bisher, eigenartig.
Counselor Angus persönlich hat den Brief signiert und gesiegelt. Er versichert mir eine kleine Abordnung an Soldaten, um meine Expedition in den Osten sicher und angenehm zu gestalten. Ich wusste doch, dass meine in zwei Jahren mühevoller Forschungsarbeit entstandene Abhandlung über den neuen Käfer auf ein gelehrtes Ohr stoßen würde.
Ob ich ihn dem Counselor zu ehren Anguskäfer nennen sollte?
Nein, ich warte lieber noch, ob ich ein paar weitere Arten entdecke, immerhin soll mein Name auch verewigt werden.

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Dritter Monat des Jahres 8 p.A., Tag 18

Ich bin mir nicht sicher, ob militärische Pünktlichkeit eine Tugend sein kann.
Die Abordnung hat mich in der Taverne aufgesucht, lange bevor der erste Hahn krähte. Und nun sitze ich auf einem Tier, für das die Bezeichnung Pferd ein übertriebenes Lob darstellen würde. Soweit ich das Überblicken kann, befinden sich bei mir nun ein Corporal, vier Freeman First Class, zwei Freeman Second Class und zwei Rookies, wobei ein Rookie eine Frau ist.

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Dritter Monat des Jahres 8 p.A., Tag 19

Ich bin zwar kein Fachmann für Menschen, aber die beiden Rookies scheinen ein Paar zu sein.

Nachtrag:
Es ist schwerlich, unbekannte Tiere oder Pflanzen zu entdecken, wenn Männer in Rüstungen und mit Waffen alles verscheuchen oder platttreten, was auch nur entfernt verscheuchbar oder platttretbar aussieht.

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Dritter Monat des Jahres 8 p.A., Tag 21

Liebes Tagebuch.
Heute haben die Soldaten mit Eifer und Elan etwas zerstückelt, was als ‚gemeingefährlicher Kartoffelwurm‘ bezeichnet wurde. Diese Banausen. Immerhin habe ich eine Pilzsorte entdeckt, die mir noch unbekannt war. Ich werde diese morgen bei Tageslicht zeichnen und studieren.

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Dritter Monat des Jahres 8 p.A., Tag 22

Die Pilzsorte scheint bereits lokal bekannt zu sein, mein gesamter Fund hat den neugierigen unter den Soldaten offensichtlich eine gute Beilage zum Mahl beschert. Wenigstens der Corporal hatte den Anstand, sich für seine Mannen zu entschuldigen und versprach, selbigen eine gehörige Standpauke zu halten. Wenigstens einer weiß die Wichtigkeit meiner Arbeit zu schätzen.

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Dritter Monat des Jahres 8 p.A., Tag 23

Es regnet in Strömen. Wir haben uns unweit des Brückenüberganges ein Lager eingerichtet und harren das Wetter aus.

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Dritter Monat des Jahres 8 p.A., Tag 25

Ich hasse Regen.

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Dritter Monat des Jahres 8 p.A., Tag 26

Obwohl die Brücke nur eine halbe Tagesreise entfernt liegt, brauchten wir den ganzen Tag, um das schlammige Gelände zu durchqueren. Wir machen eine kurze Rast, bevor wir den Fluss unter uns in der Tiefe über die Hängebrücke überqueren.

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An meinen Bruder Ohm, geschrieben am vierten Monat des Jahres 8 p.A., Tag 2

Lieber Bruder,
lange habe ich dir nicht mehr geschrieben. Gerne hätte ich dir von den Tieren und Pflanzen dieses Landes berichtet, aber ich fühle mich so leer.
Eine schwere Tragödie erschütterte mich vor gut einer Woche, doch lass mich von vorne berichten. Ich muss dieses Wissen teilen, bevor ich daran zugrunde gehe.

Wir zogen von der Hauptstadt New Hope aus gen Osten. Nach gut acht Tagen erreichten wir den Fluss im Osten und machten uns daran, die stabil wirkende Brücke zu überqueren. Irgendeiner Militärtradition folgend, wurde vorerst eine Späherin, Julia war ihr Name, ausgesandt, die andere Seite der Schlucht zu erkunden.
Die unglückliche hatte die Mitte des Überganges beinahe erreicht, als eine dunkle Gestalt in schwarzer Kutte aus den Büschen am gegenüberliegenden Ende der Hängebrücke trat und sogleich begann, mit einem Schwert auf die Taue selbiger einzuschlagen.
Der auf ihrer Sehne bereitgelegte Pfeil traf die Kreatur, schien diese aber keineswegs zu beeindrucken. Statt erneut zu schießen, tat die junge Frau das, was sie besser sofort getan hätte. Sie lief. Ihren Bogen warf sie von sich, gurtete im Sprint den Köcher von ihrer Brust, tat alles, um schneller zu sein als die Zeit, die ihr blieb.
Neben mir waren viele Hände, die in ihre Richtung wiesen, allzeitbereit, sie zu packen, zu retten… doch vergebens. Wenige Schritte von uns entfernt erschlaffte die Konstruktion, gab nach, stürzte in die Tiefe, riss sie mit sich.
Ich sehe sie jede Nacht, lieber Bruder, diese Schreckgeweiteten Augen, als ihr der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Sie schrie nicht, stürzte stumm, streckte nur die Hände hinauf, als ob sie nach uns greifen wollte.
Ganz anders ihr Lebensgefährte, Roman. Drei Mann waren nötig, den sich vehement wehrenden und schreienden davon abzuhalten, ihr in die Tiefen nachzustürzen. Ich bekam dies nur dumpf am Rande meiner Wahrnehmung mit, ich starrte immer noch dorthin, wo der vom Regen angeschwollene Fluss den Körper der armen Julia verschluckt hatte.
Es dauerte eine geraume Weile, bis Roman vor Erschöpfung zusammensank und bitterlich trauerte, alle trauerten und an Ruhe war nicht zu denken. Vier Soldaten wurden schnell ausgeschickt, um den Fluss abzusuchen, der Rookie Roman jedoch sollte im Lager verbleiben, da er momentan emotional nicht in der Verfassung für die Suche sei, sagte der Corporal. Ich denke, er wollte ihm eher den Anblick ihrer Leiche ersparen, sofern man diese finden konnte.
So saßen wir nun in der Dunkelheit, das Lagerfeuer konnte weder diese noch die Kälte vertreiben. Wir warteten und hofften. Gelegentlich brach der Himmel am Firmament auf und der volle Mond ließ seine Strahlen wie tastende Finger durch das Zwielicht schneiden. Und es war einer dieser himmlischen Finger, der uns vor dem Bösen warnte, das da kam.
„Sichtung“ schrie da jemand und noch ehe ich mich in die ungefähre Richtung gedreht hatte, sprangen die Soldaten an mir vorbei mit blanker Klinge.
„Kontakt“ und „Untote“ erschallte es noch und wider besseren Wissens ging ich ebenfalls los, dem Kampf entgegen. Und das vollkommen unbewaffnet lieber Bruder. Es war gespenstisch, die gesamte Szenerie wurde vom gelegentlichen Mondlicht stets kurzzeitig erhellt und gab Einblick in eine brutale Welt, die nicht die meine war. Auf der einen Seite kämpften lebendige Menschen für ihr Land, auf der anderen Seite seelenlose Hüllen für ein uns unbekanntes Ziel, vornehmlich unseren Tod. Und ich sah auf beiden Seiten Leute fallen…
Nur zwei schienen sich nicht mitreißen zu lassen, standen sich mit gezogenen Waffen gegenüber und führten keine sichtbaren Aktionen durch. Welch ein Narr war ich, anzunehmen, dass sich zwei Gegner gefunden haben, die ihren Intellekt einsetzten und friedlich alles beilegen wollten. Und ich ging auf den zu, den das Mondlicht als Roman enthüllte. Weh mir und meiner Leichtgläubigkeit, lieber Bruder.
Natürlich bemerkte er mich, drehte sich zu mir um und schickte sich an, etwas zu sagen. Im Mondlicht vermeinte ich sogar, frische Tränen auf seinem Gesicht zu sehen. Kaum öffnete er den Mund, ächzte er nur laut, blickte an sich herab und ich wurde ebenfalls Zeuge der hinterhältigen Tat. Sein Gegner hatte die Gunst des Augenblicks genutzt und sein Schwert dem armen Roman in den Rücken gestoßen, die Spitze ragte einen daumenbreit aus dessen Brust hervor.
So stand er erstmal da, still, das Gesicht voller Unverständnis. Er drehte sich zu seinem Gegner, das Mondlicht schien zu folgen, enthüllte den Angreifer und mir stockte der Atem. Der Untote war der immer noch nass triefende und aufgedunsene Körper der ertrunkenen Julia. Mein Herz wurde schwer bei ihrem Anblick, dieser Tragödie und der Tat, zu der ein unbekannter sie mittels seines Willens zwang. Doch auch sie weinte, Tränen der bitteren Reue, nicht stark genug gewesen zu sein.
Anstelle von Vergeltung aber durchbrach Roman diesen Kreis der Gewalt, ließ seine Waffe fallen und umarmte seine Liebste, ein letzter Abschied. Ihr Körper reagierte instinktiv, lehnte sich an ihn. Wäre nicht all dieser Kampf, der Tod, das Böse um uns herum, ja, dann hätte selbst ich dies als Romantik empfinden können. Aber so war es eine Tragödie.
Ich weiß nicht, wer es war, ich weiß nicht, was er dachte, aber aus der Dunkelheit griff eine Hand den Schwertgriff, presste die Klinge mit aller Kraft durch den sterbenden Roman hindurch und pfählte die Untote Julia ebenso. Sie sanken zu Boden, hockten da, in ewiger Umarmung, verbunden im Tod.

Mein lieber Bruder, ich hoffe, du verstehst meine Hilflosigkeit. All dies geschah, weil ich abseits der normalen Wege bleiben wollte, um Tiere und Pflanzen zu entdecken. Nun mussten wir um zwei Tote trauern, zwei Schwer- und einen Leichtverletzten bergen. Ich wanderte umher, mir meiner schuld bewusst, angewidert von meiner Egozentrik, erbost über mein Unwissen über meine Menschen um mich herum. Wen interessieren schon Käfer, in hundert Jahren werden diese Tiere und Pflanzen immer noch da sein. Aber ich habe den Menschen vollkommen vergessen.
Ich stieß auf eine kleine Hausruine, unweit der Brückenkonstruktion, sie war mir vorher nicht aufgefallen. Ich stand also in dieser Ruine, fragte mich, wer hier gelebt haben mag, was dieser Mensch tagtäglich getan hat. War er ein Wächter, ein Zolleintreiber, vielleicht ein Jäger? Hätte er Tiere und Pflanzen katalogisiert, es hätte mich kaum berührt, aber ein Tagebuch, eine Erinnerung an ihn und sein Schaffen, lieber Bruder, das wäre ein Schatz gewesen.
Und in dieser Ruine wurde mir klar, was meine Bestimmung sei - nicht Tiere, nicht Pflanzen, nein, ich wollte die Erinnerung an die Menschen die hier leben festhalten. Welch größeres Erbe kann ich der Nachwelt machen, als ihr zu zeigen, wer wie gelebt hat? Selbst meine Wenigkeit hat mitbekommen, wie viele Rätsel uns das Volk hinterließ, das so spurlos von diesem Ort verschwunden ist.
Ein Andenken, das ist das, was ich setzen möchte. Vielleicht beginne ich mit Roman und Julia, wenn auch in abgewandelter Form.

Mein Lieber Bruder,
ich hoffe du kannst meine Entscheidung verstehen und bist nicht enttäuscht, wenn ich davon absehe, dir weitere Berichte über Tiere und Pflanzen zu senden.

Hochachtungsvoll
Donovan van Leonhardt

Bild des Benutzers Sisgards

sie haben Post :D

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Inhaltliche Kritik dankend angenommen :)

/Edit
Die Namensähnlichkeit mit Cailans Charakter war Zufall, ich habe dies nicht bemerkt. Wenn Simone es wünscht, ändere ich das natürlich sofort ab.